Erziehen zum Sport und Erziehung durch Sport - Schulsport als gesellschaftspolitische Aufgabe
Was ist eigentlich die Aufgabe des Schulsportes?
Dieser Frage möchten wir in diesem Beitrag nachkommen, um im folgenden evaluieren zu können, wie diese Aufgaben zu erfüllen sind und wo eine Diskrepeanz zwischen Richtlinien und praktischer Umsetzung liegt.Eine Definition des DSB-Präsidenten Manfred von Richthofen lautet 1996:
@ Manfred von Richthofen (DSB-Präsident,1996)
"...Der Schulsport ist im Fächerkanon des allgemeinbildenden Schulwesens unverzichtbar, und er muss in schulischen Lehrplänen in ausreichendem Umfang verankert bleiben. Dafür gibt es eine Reihe wichtiger Gründe - wenigstens vier sind noch einmal herauszuheben:
Körper- und Bewegungserfahrungen, wie sie im Schulsport vermittelt werden, sind wichtige Elemente der Persönlichkeitsentwicklung, und das Vertrauen in den eigenen Körper und die eigene körperliche Leistungsfähigkeit sind die Basis für die Entwicklung einer sicheren Identität. Mit der Einschränkung von frei zugänglichen Bewegungs-, Spiel- und Sporträumen und der "Medialisierung" der Umwelt von Kindern und Jugendlichen wird die Vermittlung solcher Körper- und Bewegungserfahrungen im Schulsport zu einem unverzichtbaren Bestandteil des schulischen Erziehungssystems.
Gesundheit und Wohlbefinden bilden sich auf der Grundlage von Lebenszufriedenheit und Lebensqualität. Der Schulsport liefert einen wesentlichen Beitrag zu einer so ausgelegten Gesundheitserziehung. Und in Anbetracht der vielfältigen gesundheitlichen Gefährdungen durch Bewegungsmangel, körperliche Fehlbelastungen und Stress und in Anbetracht der Risiken alltäglichen Drogenmissbrauchs erhält der Schulsport eine unersetzliche präventive Bedeutung im Rahmen einer schulischen Gesundheitserziehung.
Der Schulsport bietet viele Gelegenheiten zum sozialen Lernen. Einhaltung von sozialen Regeln, kooperatives Handeln, Achtung von Mit- und Gegenspielern, Fairness stellen grundlegende Wertorientierungen und Verhaltensmuster dar, die in einer "individualisierten" Gesellschaft immer weniger in Erscheinung treten, obwohl ihnen für das soziale Zusammenleben eine grundlegende Bedeutung zukommt.
Sport stellt ein Kulturgut moderner Gesellschaften dar. Der Auftrag des allgemeinbildenden Schulwesens, nachwachsende Generationen in kulturelle Traditionen einzuführen, gilt ohne Einschränkungen auch für den Schulsport. Er muss die Heranwachsenden zur "kritischen Teilnahme" am Sport hinführen und Möglichkeiten aufzeigen, wie Sportaktivitäten in die alltägliche, "vernünftige" Lebensführung integriert und in den Lebenslauf eingebunden werden können..."
Ein Memorandum, zu konsensfähigen Strategien und Positionen im Schulsport wurde im September 2009 vorgelegt. Erstellt wurde es gemeinsam von der deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs), dem Deutschen Sportlehrerverband (DSLV) und dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). Es soll Personen mit entsprechender Lehrtätigkeit Impulse zu einer OPtimierung der Unterrichtsform geben. Eingeflossen sind die "Gemeinsamen Handlungsempfehlungen der KMK und des DOSB zur Weiterentwicklung des Schulsports" 2007 und die 2008 folgende Ergänzung - Sport für Kinder und Jugendliche mit Behinderung1. Im nachfolgenden werden wir die wichtigsten Aspekte herausstellen.
Erziehen zum Sport und Erziehung durch Sport
Der pädagogische Auftrag besteht also in einem mehrperspektivischen Sportunterricht, mit doppelter Aufgabenstellung. Die Aufgabe des Sportpädagogen besteht darin, "sowohl die Sport- und Bewegungskultur zu erschließen, als auch die Persönlichkeit zu entwickeln". Des weiteren setzt sich die Legitimation des Schulsports aus drei verschiedenen Bereichen zusammen: Der innerschulischen, der innersportlichen und der außersportlichen Begründung.
Innerschulische Legitmiation
Innerschulische Begründungen verweisen darauf, dass nur der Sportunterricht für leibliche Bildung und angemessene Bewegungsförderung in dieser Institution sorgt, dass er Lieblingsfach von Schülerinnen und Schülern ist, dass durch Bewegung, Spiel und Sport schulisches Lernen unterstützt und eine wertvolle Bereicherung des Schullebens geleistet wird.
Innersportliche Legitmiation
Innersportliche Begründungen signalisieren, dass sich im Sportunterricht eine vielschichtige Bewegungskultur erschließen, ein Bündel von Fähigkeiten und Fertigkeiten zur lebenslangen Teilhabe an Sport- und Bewegungsaktivitäten vermitteln, ein Fundament bewegungsspezifischer Könnensleistungen und ein Zugang sportbezogener Motive und Interessen legen lässt.
Außersportliche Legitmiation
Außersportliche Begründungen verdeutlichen, dass durch den Schulsport Prozesse einer bewegungsdialogischen Selbsterfahrung und ganzheitlichen Entwicklungsförderung angeregt werden, dass der Erwerb von Schlüsselkompetenzen wie Teamfähigkeit angebahnt und die Möglichkeit der Identitätsbildung aufgegriffen wird.
Des weiteren wurde ein zusätzliches Dokument für die Gemeinsame Handlungsempfehlungen der Kultusministerkonferenz und des Deutschen Olympischen Sportbundes zur Weiterentwicklung des Schulsports 2017 bis 2022 veröffentlicht. Hier wird nochmal insbesondere die "Chance zur Teilhabe und Akzeptanz", sowie die "Vielfalt und Heterogenität" individueller Bedürfnisse betont. Vor allem angesichts kultureller Durchmischung, Geschlecht und Beeinträchtigungen. Das Individuum gezielt fördern und als Teil eines heterogenen Kollektives erziehen, ist die schwierige und zugleich notwendige Herausforderung beim Schulsport. Ein anderer wichtiger Ansatz ist das Begreifen des gesamten Umfelds Schule als Bewegungs-, Spiel und Sportwelt. Dabei wird der Fokus nicht nur auf den Sportunterricht selbst gelegt, sondern um die Gestaltung eines bewegungsfreundlichen Umfeldes.
Die Handlungsempfehlungen an den außerunterrichtlichen Schulsport sind inbesondere angesichts der wachsenden Anzahl an Ganztagsschulen wichtig geworden. Hier gibt es den Grundgedanken mit außerschulischen Vereinen zu kooperieren, um den Kindern und Jugendlichen ein breiteres Interessenspezifisches und qualitativ hohes Angebot liefern zu können. Gerade dieser Abschnitt erinnert leicht an die amerikanische Struktur und bietet jedem Kind die einfach zugängliche Möglichkeit sich individuell (sportlich) weiterzubilden.






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